Kommunales Wasserkonzept für eine sichere Trinkwasserversorgung
Die Gemeinde Mühltal erhält 80.000 Euro Fördermittel des Landes – stärkere Nutzung von Brauchwasser vorgesehen
Die Wasserversorgung der Gemeinde Mühltal wird aus eigenen Wasservorkommen sowie durch den Bezug von Hessenwasser gedeckt. In den vergangen drei Jahren ist der Bezug von Hessenwasser auf 50 % gestiegen. Die Gemeinde betreibt acht Brunnen und 17 Quellen. Der jährliche Wasser- bedarf beträgt rund 650.000 m3. Mühltal hat insgesamt rund 14.300 Einwohner*innen, die sich auf fünf Ortsteile verteilen.
Die Versorgungssituation ist aufgrund der Topografie der Gemeinde komplex. Die zwei außerhalb des Gemeinde-Kerngebietes liegenden Ortsteile Waschenbach und Nieder-Beerbach verfügen über größere Grundwasservorkommen, die höher sind als der lokale Bedarf. Waschenbach und Nieder-Beerbach sind wichtige Lieferanten für die Trinkwasserversorgung der Kerngemeinde mit den beiden Ortsteilen Traisa und Nieder-Ramstadt, in denen die meisten Einwohner*innen Mühltals leben. Das in den Dargebotsgebieten geförderte Trinkwasser wird über eine Verbindungsleitung in die Kernzone geleitet. Hierzu ist ein aufwendiges und komplexes System von Rohrleitungen, Aufbereitungsanlagen, Druckerhöhungsanlagen, Steuerungs- und Überwachungselementen nötig.
Engpass in Frankenhausen
Der Ortsteil Frankenhausen hat keine Verbindungsleitung zu dem übrigen Versorgungsnetz. Der Trinkwasserbedarf dieses Ortsteils kann normalerweise durch zwei Brunnen und zwei Quellwassergewinnungen gedeckt werden. Das Grundwasser wird in den Hochbehälter Frankenhausen gefördert und dort zu Trinkwasser für den Ortsteil aufbereitet.
Im Sommer 2019 und 2020 mussten die Bürger*innen von Franken- hausen aufgefordert werden, auf die Gartenbewässerung zu verzichten. Aufgrund der langen Trockenzeit und hohen Temperaturen stieg der Trinkwasserverbrauch weit über die zu dem Zeitpunkt mögliche Grundwasserförderung an. In der Folge drohte der Wasserstand im Hochbehälter auf einen kritischen Wert zu sinken, ohne dass eine ausreichende Erholung in den schwachen Verbrauchszeiten (üblicherweise in den späten Abendstunden und nachts) erkennbar war. Kurzzeitig musste der Hochbehälter tagsüber mit Wasserlieferungen aus Tankwagen befüllt werden, um ein Leerlaufen des Speichers zu verhindern.
Wie der Gemeinde Mühltal er- ging es in den vergangenen Sommern vielen Kommunen mit eigener Wassergewinnung, vor allem in Mittelgebirgslagen. Auch wenn Hessenwasser in Spitzenlastzeiten stets nach Können und Vermögen über vereinbarte Abnahmemengen hinaus geliefert hat, wurde schnell klar: Mühltal braucht Lösungen, um die Eigenversorgung zu stärken. Und um Schwankungen in den einzelnen Ortsteilen ausgleichen zu können.
Gemäß dem Leitbild „Integriertes Wasserressourcen-Management“ des Hessischen Umweltministeriums hat sich Mühltal als eine der ersten Gemeinden aufgemacht, ein kommunales Konzept für eine nachhaltige Wasserversorgung zu entwickeln. Für das Wasserkonzept 2020 – 2050 gab es Ende 2020 eine Förderung des Landes Hessen über 40.000 Euro, die durch den Umweltstaatssekretär Oliver Conz überreicht wurde.
Ein Baustein zur Stärkung der Eigengewinnung ist die Erschließung neuer Grundwasservorkommen, denn klimatisch bedingt wer- den die Quellen auch zukünftig voraussichtlich geringere Schüttungen aufweisen. Hierzu wurden im Jahr 2020 erfolgreich zwei Probebohrungen bis Tiefen von über
50 m niedergebracht. Die Auswertung der Ergebnisse aus den beiden ersten Probebohrungen liegt vor. Voraussichtlich wird die Probebohrung im Ortsteil Frankenhausen nach Durchführung und Auswertung weiterer Pumpversuche als Brunnen zukünftig die Wasserversorgung unterstützen. Für die Brunnenbohrungen sind bis 2021 1,3 Mio. Euro im Haushalt vorgesehen. Außerdem ist ein zusätzlicher Hochbehälter für rund 3,2 Mio. Euro geplant. Mit diesen Maßnahmen wird die Versorgungssicherheit deutlich erhöht, auch im Hinblick auf mögliche Ausfälle.
Wasserampel animiert zum Wassersparen
Die Gemeinde Mühltal hat die Erfahrungen aus den Trockenperioden der vergangenen Jahre zum Anlass genommen, die Kommunikation mit den Bürger*innen zu verbessern und diese für einen nachhaltigen Umgang mit Trinkwasser zu sensibilisieren. Auf der Webseite der Gemeinde wurde eine Wasserampel installiert, die nach den aktuellen Verbräuchen bzw. Wasserständen in den Hochbehältern geschaltet wird. Steht sie auf „gelb“ ist ein bedachter und sorgsamer Umgang mit der wertvollen Ressource angesagt. Diese Maßnahme hat bisher bei den Anwohner*innen zu einer merklichen Reduzierung des Wasserverbrauches geführt. Bis dato wurde die Ampelphase „rot“ noch nicht erreicht. Bei „rot“ wird es angeordnete Einschränkungen und Maßnahmen der Gemeinde geben, die in der Gemeindeverwaltung zusammen mit den politischen Gremien noch abzuwägen und festzulegen sind. Im Rahmen der Umsetzung des Wasserkonzepts soll auch die Verwendung von Brauchwasser aus- gebaut werden, beispielsweise für die Gartenbewässerung und im gewerblichen Bereich. Als Wasserressource stehen dafür ein See in einem stillgelegten Steinbruch so- wie eine wegen zu starker Trübung aufgegebene Trinkwasserquelle zur Verfügung. Für die Stärkung der Brauchwassernutzung stellt das Land Hessen weitere Fördermittel in Höhe von 40.000 Euro zur Verfügung.
Bei den Anlagen der Trinkwasserversorgung sind wesentliche Investitionen in den Erhalt oder die Erneuerung von Bauwerken, Druckerhöhungsanlagen und des Versorgungsnetzes geplant.
Wasserrechte verlängert
Die Investitionen in die Trinkwasserversorgung wirken sich auch
Februar dieses Jahres hat das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt der Gemeinde für einen Teil ihrer Gewinnungsanlagen ein langjähriges Wasserrecht verlängert. Dieses erlaubt bis zum Jahr 2040 künftig die Entnahme von jährlich rund 215.000 m3 aus verschiedenen Quellen und Brunnen. Die Verlängerung weiterer in den kommen- den Jahren auslaufender Wasser- rechte steht fortlaufend auf der Agenda. Die Abstimmung mit den Fachplaner*innen und der zuständigen Genehmigungsbehörde läuft dabei bis dato erfreulich konstruktiv und reibungsfrei.
Der Wasserbezug von Hessenwasser für den Bereich der Kern- gemeinde bleibt aber weiter unverzichtbarer Bestandteil des Gesamtversorgungskonzeptes für die Gemeinde Mühltal. Das Zusammenspiel zwischen der kommunalen Eigengewinnung und der Zusatzbelieferung durch Hessenwasser ist, insbesondere im Hin- blick auf die zukünftige Spitzenbedarfsabdeckung, dabei ebenfalls Gegenstand der Entwicklung einer langfristig tragfähigen Wasserversorgungskonzeption.