Ein Pfarrer für Generationen: Christoph Mohr geht in den Ruhestand und verewigt sich im Goldenen Buch der Gemeinde
Ein Leben für die Menschen, ein Herz für die Gemeinde: Mitte Juli hat sich Pfarrer Christoph Mohr, nach 34 Jahren im Dienst der evangelischen Kirchengemeinde Nieder-Ramstadt, im Goldenen Buch der Gemeinde Mühltal verewigt. Damit würdigt man einen Pfarrer, der für die Bürgerinnen und Bürger über Jahrzehnte hinweg viel mehr war als das: Er war fester Bestandteil des Lebens vieler Familien über Generationen hinweg – immer ansprechbar und nah am Menschen.
Mit seiner Verabschiedung geht in Nieder-Ramstadt eine Ära zu Ende. Mohr, der 1991 sein Amt antrat, hinterlässt nicht nur eine vakante Pfarrstelle, sondern eine spürbare Lücke im Alltag vieler Menschen. Für sie war er Seelsorger, Zuhörer, Mutmacher – vor allem aber jemand, der da war, wenn man ihn braucht
Besonders emotional war für ihn sein eigener Abschied mit Gottesdienst Anfang Juli, bei dem ihm zahlreiche Gemeindemitglieder aus dem Weltlichen und Bürgerlichen ihre Dankbarkeit und Wertschätzung entgegenbrachten. „Das war ein ganz besonderes Wochenende mit so vielen liebenswerten Menschen: so viel Liebe, so viel Dankbarkeit, so viele Menschen, die für meine Frau und mich da waren. Das erfüllt mich immer noch“, sagte Mohr rückblickend auf ein Wochenende, das viele bewegt hat
Seit Christoph Mohrs Dienstantritt in den frühen 90er-Jahren hat sich die Welt entscheidend verändert – von Digitalisierung bis hin zu gesellschaftlichem Wandel. Doch er selbst war immer eine verlässliche Konstante. Sein Anspruch: nicht über der Gemeinde zu stehen, sondern mitten unter den Menschen. Seine Gottesdienste galten als lebendig, menschlich und tiefgründig – viele davon vor voll besetzten Bänken oder unter freiem Himmel in der Pulvermühle mit bis zu 300 Besucherinnen und Besuchern. „Ich habe leidenschaftlich gern Gottesdienste gefeiert. Das war für mich nie Pflicht. Es war Freude.“
Was viele schätzten: Mohr begleitete Familien über Generationen hinweg – von der Taufe bis zur Trauerfeier. In manchen Fällen habe er fünf Generationen erleben dürfen. „Das hat mich tief berührt.“ Auch die Zusammenarbeit mit Jugendlichen lag ihm besonders am Herzen: „Je älter ich wurde, desto jünger habe ich mich dabei gefühlt.“
Auch Bürgermeister Niels Starke hat damals den Konfirmationsunterricht bei Christoph Mohr erlebt – eine Verbindung, die bis heute nachwirkt. „Es ist ein besonderes Gefühl, heute als Bürgermeister einem Mann zu danken, der mich als Jugendlicher konfirmiert hat. Es zeigt, wie tief Herr Mohr mit diesem Ort verbunden ist – und wir mit ihm. Es gibt Menschen, die prägen still, aber nachhaltig. Für mich war Herr Mohr so ein Mensch.“
Christoph Mohrs Wirken bleibt sicht- und spürbar: Die umfassende Kirchensanierung, der barrierefreie Anbau, die Zusammenarbeit mit der Lazarusgemeinde und das inklusive Profil der Gemeinde tragen seine Handschrift. Auch die Einführung von neuen Gottesdienstformen, die Begleitung der 800-Jahr-Feier oder die Andacht zur Einweihung des Lohbergtunnels gehören zu seinen prägenden Momenten.
Doch es waren auch die schweren Erfahrungen, die Mohr prägten. Die Begleitung schwer kranker Menschen, gerade junger, sei das Schwierigste gewesen. „Das geht sehr tief. Ich habe mit Gott gerungen, geklagt und geschimpft, wie er das zulassen kann. Aber letztlich habe ich darauf vertraut, dass die Person, die gegangen ist, am Ende doch in Gottes Händen ist.“ Trotz allem blieb eine Überzeugung, die ihn immer getragen hat: „Das Leben ist ein Geschenk – jeder Tag, jeder Atemzug.“
In den kommenden Monaten will sich Mohr bewusst Zeit nehmen „zum Durchatmen, Auspacken und Garten gestalten“. Als stellvertretender Vorsitzender im Stiftungsrat der Nieder-Ramstädter Diakonie bleibt er der Region aber weiter verbunden.
Die Pfarrstelle in Nieder-Ramstadt ist aktuell unbesetzt. Ab 2026 wird die Gemeinde im Zuge einer Strukturreform Teil eines neuen Nachbarschaftsbereichs. Ganz Mühltal wächst zusammen!
Mit Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung wünscht sich Mohr mehr Kompromisse und weniger Spaltung, „dass die Menschen wieder mehr aufeinander zugehen, statt sich in Lager zurückzuziehen“. Auf die Frage, was er den Menschen in Mühltal zum Abschied mit auf den Weg geben möchte, antwortet er: „Sucht das Beste für Mühltal. Bleibt zusammen. Und verliert nicht aus dem Blick, was uns verbindet.“