Konzeption Seniorenförderung
Konzeption Seniorenförderung der Gemeinde Mühltal
2.3 Der Altenbericht der Bundesregierung
3.1 Kommunale Seniorenförderung
4 Angebote der Seniorenförderung
4.1 Soziale Einbindung und Teilhabe durch wöchentliche Angebote
4.2 Angebote zu seniorenrelevanten Themen in Recht, Gesundheit, Prävention
4.3 Medienkompetenz und Digitalisierung
4.4 Bürgerschaftliches Engagement
4.5 Barrierefreiheit und Wohnen
4.8 Generationsübergreifende Projekte
5 Kooperationen und Vernetzung
5.2 Kooperationen mit Vereinen und Institutionen in Mühltal
5.3 Landkreis Darmstadt-Dieburg
5.3.1. Arbeitskreis Interkommunale Seniorenarbeit
5.4 Politische Gremien Mühltals
6 Methoden, Ressourcen, Qualitätssicherung
1 Einleitung
Die Ausrichtung der Seniorenförderung in der Gemeinde Mühltal orientiert sich an den Lebenslagen und der Lebenswelt der Senior*innen. Sie beachtet dabei die jeweiligen besonderen sozialen und kulturellen Situationen und Bedürfnisse der Senior*innen, denn Alter ist individuell.
Die Seniorenförderung sieht ihre Aufgabe im Bewusstmachen von Alter(n) und dem Aufzeigen von Möglichkeiten für Senior*innen in ihren unterschiedlichsten Lebenslagen in Mühltal.
Dies wird erreicht indem die Seniorenförderung sich stets einen Überblick über die Angebotsvielfalt aller Vereine und Institutionen, die Seniorenarbeit anbieten, erhält und Lücken, auch auf Wunsch der Senior*innen, aktiv schließt.
2 Grundlagen
2.1 Demografische Entwicklung
Unsere Gesellschaft altert kollektiv in mehrfacher Hinsicht: absolut in der Gesamtzahl der älteren Menschen, relativ im Verhältnis der Generationen untereinander und strukturell bezogen auf ein höheres Durchschnittsalter und deutlich steigende Hochaltrigkeit.
In Mühltal lebten im November 2022 14 444 Einwohner*innen, davon waren 4363 Einwohner*innen 60 Jahre und älter, was 30,20% entspricht. (zum Vergleich: Dezember 2002: 15 005 Einwohner*innen, mit 3554 Einwohner*innen 60 Jahre und älter, was 23,69% entspricht).
2.2 Die gesetzliche Grundlage
- § 71 SGB XII
- Geschäftsordnung des Seniorenbeirats der Gemeinde Mühltal.
2.3 Der Altenbericht der Bundesregierung
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist verpflichtet, in jeder Legislaturperiode einen Bericht für jedes seiner Themenfelder vorzulegen. Die Berichte bestehen jeweils aus dem Gutachten einer unabhängigen Expertenkommission und einer Stellungnahme der Bundesregierung.
Bisher sind acht Altenberichte erschienen.
Der 8. Altenbericht mit dem Titel „Digitalisierung als Chance für ein selbstbestimmtes Leben“ ergab die Notwendigkeit bei der älteren Generation das Bewusstsein für digitale Technologien zu steigern. Dazu wurden vom Bund geförderte Projekte entwickelt.
Der 9. Altenbericht trägt den Titel „Alt werden in Deutschland – Potenziale und Teilhabechancen“ und wird 2024 erscheinen.
Die aus diesen wissenschaftlichen Arbeiten resultierenden Erkenntnisse sind auch auf kommunaler Ebene umzusetzen.
3 Kommune und Seniorenarbeit
3.1 Kommunale Seniorenförderung
Seniorenarbeit dient den Bedürfnissen älterer Menschen nach Kommunikation, Information, Bildung und Freizeitgestaltung und steht grundsätzlich allen Senior*innen zur Verfügung.
Durch gezielte Angebote versucht die kommunale Seniorenarbeit im Haus der Jugend- und Seniorenförderung über soziale Gruppenarbeit, Informations- und Bildungsangeboten bis zu soziokulturellen Groß-Veranstaltungen (Seniorennachmittage, Seniorentage), die notwendige Neuorientierung für Senior*innen zu erleichtern und damit Schwierigkeiten, die mit dem Älterwerden entstehen, zu verhindern, zu überwinden oder zu mildern.
Angebote der kommunalen Seniorenarbeit in Begegnungsstätten tragen mit regelmäßigen Angeboten dazu bei, soziale Netzwerke zu schaffen und zu stärken.
Künftig wird die ältere Generation weniger in traditionelle familiäre Strukturen eingebettet sein. Das langfristige Ziel offener Seniorenarbeit ist daher das physische und psychische Wohlergehen durch den Aufbau sozialer Netzwerke zu fördern, Isolation und Vereinsamung entgegenzuwirken und somit eine selbständige Lebensführung und langfristig ein sinnerfülltes, aktives Leben zu erhalten.
Die Tatsache, dass Alter(n) jeweils subjektiv erlebt wird, darf dabei nicht übersehen werden. Alter ist kein kalendarisch fest zu definierender Begriff, sondern hängt mit der individuellen Lebenslage mit höchst unterschiedlichen Bedarfen und Kompetenzen zusammen.
Zukünftig werden Ältere überwiegend über gute Ressourcen für eine aktive, selbstbestimmte Gestaltung ihres Lebens im Alter verfügen und verstärkt in der Lage sein ihre Interessen zu artikulieren und durchzusetzen.
Kommunale Seniorenarbeit nimmt positiven Einfluss auf das Leben von Senior*innen und unterstützt aktiv beim Älterwerden.
Die Angebote finden in Abstimmung mit dem Seniorenbeirat der Gemeinde Mühltal statt.
Bei vielen Angeboten sind ehrenamtliche Helfer*innen eingebunden, die ihrerseits Unterstützung und Anleitung erhalten.
3.2 Leitlinien
Durch aktivierende Angebote vertritt die Seniorenförderung das Leitbild des „aktiven Alters“, durch Bildungsangebote das des „kompetenten Alters“ bis hin zum „produktiven Alter“ durch das Einsetzen der Potenziale der älteren Menschen in unsere Gesellschaft.
Die Seniorenförderung bietet als Ansprechpartner vor Ort Rat und konkrete Hilfe bei der Bewältigung persönlicher Lebens- und Alltagsprobleme durch informierende und wegweisende Beratung zu Hilfe- und Unterstützungsbedarfe vor Ort und im Landkreis und verweist an vorhandene Beratungsstellen.
3.3 Zielgruppe
Kommunale Seniorenarbeit richtet sich an alle, die nach der Berufs- und Familienphase eine sinnvolle Aufgabe suchen und eigene Ideen umsetzen möchten. Darüber hinaus unterstützt sie Ältere und deren Angehörige in allen Fragen des Älterwerdens.
Die Angebote der Seniorenförderung stehen allen Bürger*innen Mühltals zur Verfügung. Dabei gibt es keine Zugangsvoraussetzungen oder Beschränkungen hinsichtlich Nationalität, Religionszugehörigkeit, Mitgliedschaft oder ähnliches.
Jede/r Senior*in soll die Gelegenheit zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen erhalten.
4 Angebote der Seniorenförderung
4.1 Soziale Einbindung und Teilhabe durch wöchentliche Angebote
Die Heterogenität des Alter(n)s erfordert ein breites Spektrum der Angebote für ganz unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Interessen.
Als Ort der Freizeitgestaltung hat die Seniorenförderung bei vielen Senior*innen einen festen Stellenwert bei der Gestaltung ihres Alltags. Die Angebote wie Spielegruppe, Fit für den Kopf, Kreativwerkstatt, Boulespielen, Mittagstisch, Fahrradgruppe usw. sind auf die Bedarfe und Bedürfnisse von Senior*innen abgestimmt. Um diese zu erfahren ist es unerlässlich, mit Senior*innen in Kontakt zu bleiben, als Ansprechperson sichtbar zu sein und bei der Umsetzung neuer Angebote zu unterstützen.
Angebote zur Bildung und Aktivität im Alter sind der Schlüssel zu sozialer Teilhabe und einem Altern in Würde, was sich - von vielen Studien belegt - auf die Lebenszufriedenheit und letztlich auch auf die Gesundheit auswirkt.
Die Seniorenförderung ist Bildungsstätte und fördert lebenslanges Lernen, was der Orientierung und dem Sinnstiften in der nachberuflichen Phase dient, um weiterhin ein selbstverantwortliches, bewusstes Leben führen zu können. Zukünftig wird die Bildungsmotivation von Senior*innen aufgrund höherer Bildungsabschlüsse und ständiger beruflicher Weiterbildung steigen.
Senior*innen sind aktive, kompetente und durchaus körperlich und psychisch belastbare Menschen, die sich engagieren und nicht nur unterhalten werden wollen.
4.2 Angebote zu seniorenrelevanten Themen in Recht, Gesundheit, Prävention
Durch ausgewogene Angebote zu Gesundheit oder Recht wird versucht allen Alterskohorten gerecht zu werden. Diese Angebote sind offen für alle interessierte Bürger*innen.
In einer älter werdenden Gesellschaft spielen Gesundheitsförderung und Prävention eine wichtige Rolle, weil Gesundheit auch im höheren Alter die Voraussetzung für Selbständigkeit und aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist. Es wird über typische Alterskrankheiten wie z.B. Arthrose, Demenz, Depression informiert und Präventionsmöglichkeiten wie gesunde Ernährung, Gedächtnistraining oder Sportmöglichkeiten aufgezeigt.
Seniorenrelevante Gesetze wie Pflegeversicherung, Erbrecht, Testament u.a. ändern sich ständig. Damit sich Senior*innen darauf einstellen können und immer über die aktuelle Gesetzeslage informiert sind, wird durch Vorträge zu rechtlichen Themen informiert und auf Gesetzesänderungen aufmerksam gemacht. Viele Bürger*innen werden erst mit zunehmendem Alter auf Vorsorgemaßnahmen wie z.B. Patientenverfügung, Betreuungsrecht und Leistungen der Pflegeversicherung aufmerksam und beschäftigen sich damit.
4.3 Medienkompetenz und Digitalisierung
Der 8. Altenbericht zeigte auf, dass sich denjenigen Senior*innen, die während ihres Berufslebens einschlägige Erfahrungen mit den neuen Medien sammeln konnten, relativ schnell den Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologie finden und diese im privaten Bereich nutzen.
Einen nicht unerheblichen Anteil machen Senior*innen aus, die wegen der schnellen Technikentwicklungen im Umgang mit Smartphone, Tablet und Computer kontinuierlich bei der Benutzung dieser Techniken unterstützt werden müssen.
Es gilt, den Senior*innen, denen bislang der Zugang zu Computern und Internet verschlossen geblieben ist, die Chancen und Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien aufzuzeigen und sie bei den ersten Schritten mit dieser Technologie regelmäßig zu begleiten.
Die Vorteile dieser Technologien hat die Zeit der Corona-Pandemie gezeigt und das Ziel sollte es sein, dass alle Senior*innen durch regelmäßige Angebote eine Technik- und Medienkompetenz erlernen können, denn Digitalisierung durchdringt immer mehr unsere Lebens- und Arbeitswelten.
Senior*innen werden bei dem niedrigschwelligen Angebot „Hilfe rund um Handy, Laptop und Computer“ in der Seniorenförderung unterstützt, das mit ehrenamtlichen Helfer*innen durchgeführt wird und ständig an den aktuellen Bedarf angepasst werden muss.
4.4 Bürgerschaftliches Engagement
Lebenslang erworbene Kompetenzen können individuell und gesamtgesellschaftlich gewinnbringend eingesetzt werden. Ältere Menschen sind heute so gut qualifiziert und so lange leistungsfähig wie keine Generation vorher. Die alternde Gesellschaft kann es sich nicht mehr länger erlauben, dieses Erfahrungswissen außen vor zu lassen, zumal es dem Wunsch vieler Senior*innen entspricht, ihre Kompetenzen durch eine sinngebende Tätigkeit weiter einzubringen.
Menschen engagieren sich dort, wo es zu ihrer Lebenssituation passt und wo sie in eigenem Interesse etwas bewegen können. Dabei liegen die Motive für soziales Engagement im Gewinn für die eigene Lebensführung.
Persönliche Kontakte zu pflegen, das eigene Umfeld mitgestalten zu können und aktiv am kulturellen und politischen Leben teilzuhaben, befördert die Lebensqualität, denn aktive Menschen sind durchschnittlich gesünder und zufriedener. Dabei haben alle Ehrenamtlichen das Bedürfnis nach individueller Handlungs- und Entscheidungsautonomie über Zeit, Ort und Art ihres Einsatzes. Bürgerschaftliches Engagement kann dazu führen das eigene Alter(n) als Herausforderung für die persönliche Weiterentwicklung anzunehmen und zu leben.
Im Laufe der Jahre hat sich das bürgerschaftliche Engagement sehr verändert. Die Bereitschaft für eine freiwillige Tätigkeit besteht weiterhin, jedoch wollen ehrenamtlich engagierte Menschen ausschließlich für eine Organisation und deren Ziele und Interessen arbeiten. Sie möchten eigene Fähigkeiten für etwas Konkretes, für begreifbare Projekte einsetzen mit Garantie der freien Zeitgestaltung und Mitsprache in der jeweiligen Einrichtung bzw. dem Projekt.
Die Freiwilligkeit und Autonomie stehen für ehrenamtlich Aktive im Vordergrund.
Bürgerschaftliches Engagement benötigt eine hauptamtliche Begleitung, die den Einsatz der Ehrenamtlichen koordiniert, zu Treffen einlädt, einen Erfahrungsaustausch organisiert und bei Problemlagen Hilfestellung gibt. Die ehrenamtliche Tätigkeit sollte anerkannt und gewürdigt werden. Regelmäßige Schulungen und eine Anerkennungskultur sind für den Erhalt des bürgerschaftlichen Engagements unabdingbar.
Laut der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) sind die Kommunen für die Schaffung und den Erhalt einer das Engagement fördernden Infrastruktur verantwortlich.
Die Seniorenförderung bietet Möglichkeiten zum Einsatz bürgerschaftlichen Engagements in den unterschiedlichsten Angeboten wie Besuchsdienst, Repair Café, Hilfe zum Computer u.a. Eine Mitarbeit in der Freiwilligenagentur des Landkreises schafft Austausch und gemeinsames Entwickeln von weiteren Aufgabenfeldern für ehrenamtlich Tätige.
4.5 Barrierefreiheit und Wohnen
Der Gesetzgeber hat angesichts der hohen Kosten eines Pflege- und Altenheims die ambulante Pflege und damit das Wohnen in den eigenen vier Wänden vor die stationäre Pflege gestellt. Jedem sollte es trotz partieller Einschränkungen möglich sein weitestgehend unabhängig bleiben zu können und selbstbestimmt, selbständig und selbstverantwortlich leben zu können.
Eine Anpassung der Wohnung an sich verändernde Bedürfnisse ist ein wichtiger Beitrag zum selbständigen Wohnen und Leben im Alter. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, die Wohnung und das Wohnumfeld zu gestalten und somit einem gestiegenen Hilfe- oder Unterstützungsbedarf gerecht zu werden.
Obwohl Maßnahmen zur Wohnungsanpassung zum Verbleib in der eigenen Wohnung beitragen, ist die Bereitschaft, sich beraten zu lassen, noch vergleichsweise gering. Die Gründe liegen nicht nur in einer mangelnden Information oder einer fehlenden fachkundigen Beratung vor Ort. Viele ältere Menschen haben oftmals Hemmungen, sich selbst einen entsprechenden Bedarf einzugestehen, oder fürchten als Konsequenz einen notwendigen Wohnungswechsel. Die Seniorenförderung vermittelt an die zuständigen Beratungsstellen zur Wohnraumanpassung.
Smart Home kann durch intelligente, fernsteuerbare Geräte Wohnkomfort, Energieeffizienz und Sicherheit steigern.
Die barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Raums nach DIN 18024 (Teil 1 und Teil 2)
schafft die Voraussetzungen, um Menschen mit eingeschränkter Mobilität die selbständige und unabhängige Benutzbarkeit des Wohnumfeldes zu ermöglichen. Die Kommunen sollten auf Schaffung von barrierefreiem Wohnraum bei der Vergabe von Wohnflächen bestehen.
4.6 Mobilität im Alter
Mobilität im Alter bedeutet nicht nur Lebensqualität und selbständige Lebensführung, sondern ist ein ganz wesentliches Erfordernis für gesellschaftliche Teilhabe.
Ein Fahrdienst muss für Senior*innen aus allen Ortsteilen Mühltals bereitstehen, um unabhängig von Angehörigen, einem eigenen Fahrzeug und dem öffentlichen Nahverkehr an allen Angeboten der Seniorenförderung teilnehmen zu können. Dazu wird der Bus der Jugend- und Seniorenförderung genutzt.
Der öffentliche Nahverkehr wird in Mühltal durch das Angebot Midkom (Mobil in der Kommune) ergänzt. Seit April 2017 wird der Bus der Jugend- und Seniorenförderung für das Angebot Midkom genutzt. Senior*innen, die Angebote der Seniorenförderung innerhalb der Midkom-Fahrzeiten besuchen möchten, werden kostenfrei gefahren.
4.7 Betreuung und Pflege
Im Bereich der Hochaltrigkeit wird die gesundheitliche Situation bei vielen Senioren*innen wesentlich negativer eingeschätzt, da dann das Risiko für chronische körperliche Erkrankungen, Multimorbidität und damit Hilfe- und Pflegebedürftigkeit wegen einer erhöhten Anfälligkeit deutlich zunimmt. Beratungen rund um das Thema Pflege übernimmt der Pflegestützpunkt Darmstadt-Dieburg.
Ganz besonders stark betroffen von dieser erhöhten Verletzbarkeit ist das Zentralnervensystem, so dass insbesondere die Häufigkeit schwerer und mäßig schwerer Demenzen mit steigendem Alter erheblich steigt. Auf Landkreisebene berät das Demenzservicezentrum zu diesem Thema. Die Gemeinde Mühltal hat sich als Kooperationspartner des Netzwerks Demenz bewusst auf den Weg zur demenzaktiven Kommune gemacht.
Ziel ist es die Bedürfnisse der Erkrankten und ihren Angehörigen zu erfassen und eine Informations- und Versorgungsstruktur im Landkreis Darmstadt-Dieburg zu entwickeln.
Mit dem Pflegeheim der NRD-Altenpflege ist eine wohnortnahe Pflegeeinrichtung in überschaubarer Größe in Mühltal entstanden, das mit Angeboten der Tages- und Kurzzeitpflege sowie auch ambulanten Angeboten Lücken in der Versorgung Pflegebedürftiger schließt.
4.8 Generationsübergreifende Projekte
Das Familienleben hat sich während des letzten Jahrhunderts stark gewandelt. Früher lebten die Familienmitglieder oft unter einem Dach – und damit verschiedenste Altersgruppen zusammen. Der ständige Austausch zwischen den Generationen wurde zu einem Alltagserlebnis.
Das ist heute nur noch selten zu finden. Die veränderten Lebensformen durch demografische und gesellschaftliche Entwicklungen haben heute dazu geführt, dass auch viele Kinder nur noch selten mit älteren Menschen in Kontakt kommen.
Ob sich Alt und Jung mit Respekt begegnen, sich als Last oder als Bereicherung definieren, entscheidet sich im alltäglichen Umgang. Bei Begegnungen in der Jugend- und Seniorenförderung oder bei generationsübergreifenden Projekten wie z.B. Handyhilfen, Kinoveranstaltungen, Feste u.a. lernen jüngere Menschen Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft, Höflichkeit und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit alten Menschen. Umgekehrt bleibt die ältere Generation beim Zusammensein mit jüngeren flexibel und aktuell am Zeitgeschehen. So kann sie das Potenzial der Jugend z.B. beim Umgang mit Medien erkennen und schätzen. Diese Begegnungen helfen das Verständnis füreinander zu entwickeln und zu stärken und erfüllen damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.
5 Kooperationen und Vernetzung
Kommunale Seniorenarbeit heißt eine gute Vernetzung auf lokaler Ebene. Es werden Angebote und Hilfen für ältere Menschen gebündelt und fachbezogen mit anderen Trägern zusammengearbeitet.
5.1 Seniorenbeirat
Da Ältere einen so großen und wachsenden Anteil der Bevölkerung ausmachen, ist es wichtig, ihre Interessen auch systematisch und regelhaft in politische Willensbildungs- und Gesetzgebungs-prozesse einzubeziehen.
Seniorenbeiräte sind ein Gestaltungselement, um im kommunalen Leben die Teilhabe und die Interessenvertretung von Senior*innen vor Ort zu sichern. Sie fungieren als Sprachrohr zwischen den konkreten Interessen und Forderungen älterer Menschen und der Politik und Verwaltung. Sie weisen auf Defizite in der Infrastruktur z.B. Nahversorgung oder medizinische Versorgung hin. Die Seniorenbeauftragte ist laut Satzung stimmberechtigtes Mitglied im Seniorenbeirat.
Alle 2 Jahre gestalten der Seniorenbeirat und die Seniorenförderung gemeinsam einen Seniorentag, bei dem gemeinsam mit zahlreichen Vereinen und Institutionen über aktuelle seniorenrelevante Themen informiert wird.
5.2 Kooperationen mit Vereinen und Institutionen in Mühltal
In den einzelnen Ortsteilen Mühltals gibt es viele Angebote für Senior*innen, die von unterschiedlichsten Vereinen und Institutionen wie Arbeiterwohlfahrt, VdK, Kirchen, Sportvereinen u.a. durchgeführt werden.
Die Seniorenförderung hat regelmäßige Kontakte zu diesen Vereinen und Institutionen, gestaltet gemeinsame Angebote, versucht diese zu unterstützen und durch gemeinsame Treffen zu vernetzen, um Ressourcen zu bündeln und fehlende Angebote zu etablieren. In einem digitalen Veranstaltungskalender werden die Angebote aufgeführt und die Vielfalt, aber auch Lücken, sichtbar.
So können z.B. die zahlreichen Sportvereine darauf aufmerksam gemacht werden, dass sportliche Betätigung speziell für Ältere einen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit und der Selbständigkeit leisten kann, was eine Bereicherung der Lebensqualität bedeutet und zu einem gesunden, langen, lebenswerten Älterwerden führen kann.
5.3 Landkreis Darmstadt-Dieburg
5.3.1. Arbeitskreis Interkommunale Seniorenarbeit
Im Arbeitskreis Interkommunale Seniorenarbeit können sich hauptamtliche Mitarbeiter*innen der Seniorenarbeit aus den Kommunen austauschen. Das Büro für Senioren informiert über aktuelle Gesetzesänderungen im Sozialgesetzbuch und berichtet über landkreisweite Entwicklungen in der Seniorenarbeit.
5.3.2. Netzwerk Demenz
2021 unterzeichnete die Gemeinde Mühltal eine Kooperationsvereinbarung mit dem Netzwerk Demenz, das gemeinsam vom Landkreis und dem Diakonischen Werk Darmstadt-Dieburg initiiert wurde. Das Netzwerk unterstützt die Entwicklung der kooperierenden Kommunen auf ihrem Weg zur demenzaktiven Kommune. Die Teilnahme an regelmäßigen Netzwerktreffen und an der Mitarbeit an Aktionen des Netzwerkes wird vorausgesetzt.
5.3.3. Freiwilligenagentur
Als Einsatzstelle von ehrenamtlichen Helfer*innen ist es von Nutzen an den Austauschtreffen für kommunale Ansprechpersonen der Freiwilligenagentur des Landkreises Darmstadt-Dieburg teilzunehmen.
5.4 Politische Gremien Mühltals
Das Halbjahresprogramm der Seniorenförderung wird zur Kenntnisnahme im Gemeindevorstand vorgelegt und die Arbeit im Sport-, Kultur- und Sozialausschuss nach Anfrage vorgestellt oder bestimmte seniorenrelevante Anfragen beantwortet.
Mit den jeweiligen Ortsbeiräten werden gemeinsam Seniorennachmittage oder Veranstaltungen in den Ortsteilen durchgeführt.
6 Methoden, Ressourcen, Qualitätssicherung
6.1 Methoden
Die soziale Gruppenarbeit will Menschen durch sinnvolle Gruppenerlebnisse in die Lage versetzen, ihre Beziehungsfähigkeit zu steigern, um persönlichen Problemen oder Konflikten im öffentlichen Leben besser gewachsen zu sein. Die Gruppe wird als Mittel genutzt, um die persönliche Entwicklung der Gruppenmitglieder zu fördern und Defizite bei der Ausübung sozialer Rollen zu überwinden. Die Arbeit mit Gruppen ist immer ressourcen- und lösungsorientiert.
Durch soziale Gruppenarbeit werden ausgedünnte Kontaktnetze aufgebaut, die je besser die Mitglieder der Gruppe sich kennen und sich vertrauen, desto besser auch den Alltag tragen. Es können langfristige Beziehungen entstehen und dadurch neue soziale Netzwerke geknüpft werden, die z.B. in der Lage sind nachbarschaftliche Hilfen und niedrigschwellige Unterstützung in der Alltagsbewältigung anzubieten. Dieser gruppendynamische Selbsthilfeeffekt wirkt einer Isolation, also dem Verlust an Sozialkompetenz entgegen und fördert den Zusammenhalt der Senior*innen in Mühltal. Es entstehen sorgende Gemeinschaften und aktive Nachbarschaften, die in Zeiten veränderter Familien- und Haushaltsstrukturen immer wichtiger werden.
Die Methode der Einzelfallhilfe ist eine Interventionsform zur Lösung psychischer, materieller, gesundheitlicher oder sozialer Probleme. Ihre spezifischen Strategien zur Bewältigung dieser Probleme setzen dabei speziell am Individuum, dem Klienten, an. Im Mittelpunkt der Arbeit der Einzelfallhilfe, steht der einzelne soziale Problemfall. Alle Konzepte der Einzelfallhilfe gehen davon aus, dass in einer Stärkung des Individuums die erfolgreichste Strategie zur Lösung seiner Probleme zu suchen ist. Mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ soll das Ziel einer emanzipierten, authentischen und verantwortlichen Persönlichkeit erreicht werden, die anschließend keiner weiteren professionellen Unterstützung mehr bedarf.
In der Seniorenförderung ergibt sich - neben direkten telefonischen Anfragen - der Beratungsbedarf häufig aus den Angeboten und aus dem direkten Kontakt mit den Älteren heraus.
In einer Kommune mit fünf Ortsteilen gibt es große Unterschiede in der Infra- und Sozialstruktur. Die Gemeinwesenarbeit erkennt diese Besonderheiten neben der Gesamtkommune und gestaltet gemeinsam mit den politischen Gremien wie Ortsbeiräten oder Seniorenbeirat dementsprechend fehlende Angebote für Senioren*innen bzw. unterstützt die vorhandenen Strukturen.
6.2 Ressourcen
6.2.1 Personelle Ausstattung
Zur kommunalen Seniorenarbeit sind hauptamtliche Fachkräfte mit Qualifikation in Sozialarbeit oder Gerontologie unverzichtbar, die den Gruppenprozess beobachten und entsprechend entgegenwirken, schwächere Mitglieder stärken und Gruppenneulingen den Zugang erleichtern. Sie müssen neben logistischen und organisatorischen Erledigungen und das Sorgen für eine Kontinuität auch Konflikte ansprechen und gemeinsam Lösungen erarbeiten.
Ihre Arbeit ist von Respekt und Vertrauen geprägt. Sie erbringen gegenüber den Gruppenteilnehmern unbedingte Wertschätzung, einfühlendes Verstehen und authentisches Verhalten ihrerseits. Zeit, Sensibilität und Wissen sind entscheidende Voraussetzungen, um einfühlsam auf ältere Menschen eingehen zu können.
Planung, Durchführung und Organisation sämtlicher Angebote, Kooperations- und Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung verlangen eigenständiges Arbeiten mit hoher Flexibilität und Einsatzbereitschaft.
Die Arbeit der Fachkräfte kann durch Ehrenamtliche unterstützt werden, die ihrerseits Motivation und Betreuung von Seiten der Hauptamtlichen benötigen.
6.2.2 Räumliche Ausstattung
Das Haus der Jugend- und Seniorenförderung liegt zentral im größten Ortsteil Mühltals und ist von allen anderen Ortsteilen sowohl mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem Auto gut erreichbar. Eigene Parkplätze erleichtern die Teilnahme an Angeboten vor Ort.
Der Eingang des Hauses ist barrierefrei, ebenso wie die Küche. Die zahlreichen Räume des Hauses bieten eine Vielzahl von Angebotsmöglichkeiten, ebenso wie große Lagerflächen.
Soziale Gruppenarbeit erfordert eine angenehme Atmosphäre, die durch speziell für die Bedürfnisse für Senioren*innen eingerichtete geeignete Räumlichkeiten erreicht wird und von Ihnen mitgestaltet werden kann. Der barrierefrei erreichbare „Seniorenraum“ wird von den Teilnehmern*innen als eigener Raum akzeptiert und bietet für die meisten Veranstaltungen ausreichende Voraussetzungen.
Das Büro vor Ort lässt eine spontane Beratung mit allen Unterlagen und das Nutzen von Telefon und Internet zu.
Das Außengelände ermöglicht es Angebote im Freien durchzuführen sowie besondere Angebote wie Gartenfeiern mit Grillen oder Kaffee und Kuchen anzubieten.
In Mühltal bietet die Besonderheit der gemeinsamen Nutzung eines Gebäudes von Jugend- und Seniorenförderung vielfältige Gelegenheit zur Begegnung zwischen „Jung und Alt“ und zwischen „Alt und Älter“.
6.2.3 Finanzielle Ausstattung
Voraussetzung für kommunale Seniorenarbeit ist im jährlichen Haushaltsplan eine notwendige finanzielle Ausstattung für ein hochwertiges Programm und die Kosten für die hauptamtlichen Fachkräfte sicherzustellen. Die Mittelanmeldung erfolgt durch die hauptamtliche Fachkraft gemeinsam mit der Fachbereichsleitung.
6.2.4 Öffentlichkeitsarbeit
Um möglichst viele Interessierte anzusprechen und die Angebote sichtbar zu machen, ist Öffentlichkeitsarbeit unbedingt notwendig. Dies wird analog durch regelmäßige Presseartikel in den örtlichen Printmedien, Halbjahresprogramme und Flyer, die an Vereine, Institutionen und Ärzte verteilt werden, sowie digital durch Veröffentlichungen auf der Homepage der Gemeinde Mühltal gewährleistet.
6.3 Qualitätssicherung
Durch Fort- und Weiterbildungen, Teilnahme an Fachtagen und Arbeitskreisen oder durch Austauschtreffen mit Fachkräften anderer Kommunen wird die kommunale Seniorenarbeit reflektiert und weiterentwickelt.
Zusätzlich ermöglicht Fachliteratur eine Informationsquelle für neue Erkenntnisse bei seniorenrelevanten Themen und Gesetzesreformen.
7 Ausblick
Die Kooperation und Vernetzung der Anbieter offener Seniorenarbeit muss weiter intensiviert werden, denn ohne einen Wandel zur Selbst- und Mitbestimmung bei den Angeboten werden die „neuen Alten“ nicht erreicht werden. Die in Mühltal basierenden traditionellen Angebote erfordern eine Umstrukturierung.
Seniorenarbeit heißt weg von Angebots- und Versorgungsmentalität und hin zu Möglichkeiten für junge Senior*innen neue Inhalte für ihr Leben zu finden. Die Senioren von heute wollen selbstbestimmt mitarbeiten und sich persönlich mit ihren Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen, was ein großes Potenzial darstellt.
Über die nächsten Jahre müssen sowohl die Angebote der offenen Seniorenarbeit als auch deren finanzielle Ausstattung beständig evaluiert werden, damit die Angebote auch angenommen werden.
Anfang der 90er Jahre prägte die WHO den Begriff „add life to years“. Dieses „die gewonnenen Jahre mit Leben füllen“ beschreibt treffend eine neue Qualität des dritten und vierten Lebensabschnitts: für sich selbst Verantwortung übernehmen, den Prozess des Alterns akzeptieren (lernen), aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben und Wissen und Erfahrung einbringen.
Die örtliche Infrastruktur wie Nahversorgung und –verkehr, ärztlichen Versorgung oder bezahlbarem, barrierefreiem Wohnen sollten die Bedürfnisse aller Bürger*innen Mühltals gerecht werden.
Bei der steigenden Zahl älterer Menschen muss erwogen werden, ob das Netz der Anlaufstellen in den nächsten Jahren nicht noch engmaschiger geknüpft werden kann.
Die demografische Entwicklung zeigt, dass sich der prozentuale Anteil älterer Menschen zukünftig durch die Babyboomer erhöhen wird. Kommunen mit kommunaler Seniorenarbeit sind gut aufgestellt für die wachsende Zahl älterer Menschen am Ort. Dies hat zuletzt die Corona-Krise deutlich gemacht, denn Krisen lassen sich nur gesamtgesellschaftlich bewältigen.
Impressum
Gemeindeverwaltung Mühltal
Fachbereich 2 Familie und Soziales
Ober-Ramstädter Straße 2-4
64367 Mühltal
Telefon: (0 61 51) 14 17-0
Telefax: (0 61 51) 14 17-138
E-Mail: gemeinde@muehltal.de
Die Gemeinde Mühltal ist eine Gebietskörperschaft. Sie wird vertreten durch den Bürgermeister Willi Georg Muth.
Stand 01.01.2023
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